Embodiment

Embodied Cognition und die Wechselwirkung von Körper und Psyche

Können kognitive Fähigkeiten und Denkprozesse ohne einen Körper existieren?
Haben körperliches Erleben und somatische Reaktionen gar nichts mit dem Denkprozess an sich zu tun? Ist der Körper nur das "Transportmittel" für unseren Kopf, damit wir ihn von einem Ort zum Anderen bringen können?

Mit solchen und ähnlichen Fragen beschäftigen sich aktuelle Theorien der Kognitionswissenschaften. Dabei bietet die sogenannte Embodiment-Theorie spannende Betrachtungen, um Körper und Geist miteinander zu verstehen. Der Körper umfasst dabei motorische Aktivitäten und Wahrnehmungsfunktionen. Der Begriff Geist bezeichnet dabei v.a. das Bewusstsein, kognitive Fähigkeiten, Emotionen und Einstellungen.

In der Auffassung des Embodiments benötigen das Bewusstsein und die Kognition einen Körper und eine physikalische Interaktion, um überhaupt zu existieren. Das bedeutet auch, dass die Zusammenhänge zwischen Körper und Geist wechselseitig ausgestaltet sind. Sie können nur miteinander funktionieren. Diese wechselseitige Beziehung zwischen Körper und Psyche zeigt sich auch in ihrer gegenseitigen Beeinflussung. So können sich psychische Zustände im Körper ausdrücken, aber gleichzeitig können auch Körperzustände Auswirkungen auf Emotion und Kognition haben: Wenn ich z.B. traurig bin, drückt sich das Gefühl durch eine zusammengesunkene Körperhaltung, durch einen betrübten Gesichtsausdruck und einen weinerlichen Stimmklang aus. Es kann aber auch sein, dass meine zusammengesunkene Haltung, die ich aus irgendeinem Grund einnehme, Auswirkungen auf meine Kognition und meine Emotionen hat: Ich fühle mich traurig, weil ich eine zusammengesunkene Haltung habe. Dies kann ebenfalls Einstellungen und Urteile einer Person beeinflussen.
Es gibt viele empirische Untersuchungen die diesen wechselseitigen Zusammenhang nahelegen. Gefühle, Einstellungen und Bewertungen können sich also verändern, wenn man z.B. eine andere Körperhaltung einnimmt, Mimik und Gestik verändert, oder auch den Stimmklang moduliert. Denn mittels neuroaktiver Signal- und Botenstoffe im Blutkreislauf und via Nervenbahnen gehen Signale vom Gehirn in den Körper, aber auch vom Körper ins Gehirn. Dabei ist der Körper immer in einen Gesamtzusammenhang eingebettet und in ihm situiert. Das heißt, es gibt eine gegenständliche und soziale Umwelt in der wir uns befinden. Darin interagieren und kommunizieren Personen in einer spezifischen und einmaligen Situation. Auch das nimmt Einfluss auf unseren Körper, und damit auf unser Denken, Fühlen und Handeln.

Deshalb können Prozesse auf der Ebene des Denkens, Fühlens und Verhaltens nur im Zusammenhang mit dem Körper betrachtet werden, der in eine Gesamtsituation eingebettet ist. Ja, man kann auch so weit gehen zu sagen, dass ohne den Einbezug des Körpers, das Denken „leer“ wäre.

Hier noch weiterführende Lese-Tipps:

Hier noch ein ziemlich spannendes Video von einem Vortrag mit George Lakoff, Professor für Cognitive Science and Linguistics an der Berkley Universität in Kalifornien:

Zusammenfassung: Aktuelle Theorien der Kognitionswissenschaften beschäftigen sich mit dem Zusammenhang von Körper und Geist. In der Auffassung des Embodiments ist dieser Zusammenhang wechselseitig ausgestaltet, d.h. Körper und Geist beeinflussen sich gegenseitig und können nur miteinander existieren. Dabei können sich psychische Zustände durch den Körper ausdrücken. Aber auch körperliche Zustände haben einen Einfluss auf Kognition und Emotion.  

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Kann das weg oder ist das bereits transferiert?

Unter Transfer versteht man die Übertragung erlernter Fähigkeiten und Fertigkeiten auf andere, vergleichbare Situationen. Transfer wird somit als ein Kennzeichen für erfolgreiche Lernprozesse gesehen. Gerade wenn es um die Aneignung von Fertigkeiten geht, werden während eines Trainings oder Coachings meist sehr gute, jedoch kurzfristige Erfolge erzielt. Viele berichten im Anschluss, dass es Ihnen aufgrund ihrer alltäglichen Gewohnheiten sehr schwer fällt, die Ziele, Maßnahmen und das veränderte Verhalten in den Alltag zu integrieren und tatsächlich anzuwenden. Das macht jedoch die Güte eines nachhaltigen Trainings aus.

Das Zürcher Ressourcen Modell als eine Möglichkeit Transfer zu unterstützen
Mit Hilfe des Zürcher Ressourcen Modells soll diese Übertragung in den Alltag begünstigt und unterstützt werden. Das ZRM ist ein psychoedukatives Verfahren. Diese Selbstmanagement-Methode wurde von Maja Storch und Frank Krause für die Universität Zürich entwickelt. Dabei werden Menschen unterstützt, ihre Handlungssteuerung zu optimieren und ihre intrinsische Motivation für die Zielerreichung zu aktivieren. Menschen sollen also befähigt werden, ihre persönlichen Ziele in Handlungen umzusetzen. Das ZRM-Programm ist hinsichtlich seiner Wirksamkeit empirisch untersucht. So betrachtet das ZRM, Psyche und Körper als eine Einheit und arbeitet deshalb multimodal. Es integriert die Arbeit mit Körper, bildhaftem Denken und Sprache und stärkt auf diese Weise die Ressourcen und die Motivation einer Person. In der Anschauung des ZRM sind die Zusammenhänge zwischen Körper und Geist wechselseitig ausgestaltet. Sie können nur miteinander funktionieren. Man versucht dieses Zusammenspiel zu fördern, indem der Körper, bildhaftes Denken und Sprache zur Aktivierung von Ressourcen eingesetzt werden. Dies stärkt solche neuronalen Netzwerke, die zu einer erhöhten intrinsischen Motivation und somit zur Handlungsauslösung führen.

Ich selbst setze einzelne Elemente des ZRM zur Erweiterung und Nutzung der eigenen Ressourcen, sowie zur Transferunterstützung in Training und Coaching ein. So habe ich zusammen mit Caroline Frauer ein Transferprogramm für Stimmtechnik auf Basis des ZRM entwickelt. Außerdem nutze ich Elemente des ZRM für einen konstruktiven Umgang mit Lampenfieber und die Entwicklung einer förderlichen Haltung für Präsentationen, Gespräche und Lehre.

Hier ein Link zur offiziellen Seite des ZRM: http://www.zrm.ch/

Zusammenfassung: Transfer ist ein Kennzeichen für erfolgreiche Lernprozesse. Das Zürcher Ressourcen Modell ist eine Möglichkeit Transfer zu begünstigen. Durch das ZRM werden Ressourcen und die intrinsische Motivation einer Person gestärkt. Dazu werden die Aktivierung des Körpers, bildhaftes Denken und Sprache eingesetzt. Ich selbst verwende Elemente des ZRM vor allem in den Bereichen Stimmtraining, Lampenfieber, Präsentationtechnik, Gesprächsrhetorik und Lehre.